
„local heroes gibt uns die Chance aus unserer Bubble etwas rauszukommen und unser Netzwerk zu erweitern“, sind Colour Gray überzeugt. (Foto: Line Tsoj)
Colour Gray aus Kiel haben Jury und Team im local heroes-Bundesfinale begeistert. Am 15. November wird verkündet, wer „Bester Newcomer-Act Deutschlands 2025“ ist.
Wenn man mit Colour Gray spricht, spürt man sofort, dass hier Freundschaft und Spielfreude die Basis sind. In Kiel während des Lockdowns als Soloprojekt gestartet, hat sich die Band längst zu einem routinierten Vierer entwickelt, der Alternative Rock mit Elektro und Pop-Punk verbindet. Auf Schloss Hundisburg absolvierten sie nun – mitsamt zwölf weiterer Landesfinalist:innen – als Vertreter Schleswig-Holsteins das local heroes-Bundesfinale. Ob sie am 15. November im Magdeburger Moritzhof einen der Preise mitnehmen werden, entscheidet sich erst bei der feierlichen Verleihung. Für Colour Gray ist jedoch klar: „Wir sind jetzt schon Sieger.“

Colour Gray zünden während der Live-Session in der Schlossscheune: „Wir waren glaube ich die einzige Band mit 2 E-Gitarren und Lead-Synthies dazu“, freut sich Jan-Philipp über den gelungenen Abend. (Foto: Martin Schöffel)
Von der Einsamkeit im Lockdown zum Bandprojekt
„Während des Lockdowns 2022 habe ich – zu diesem Zeitpunkt noch allein – Songs geschrieben und veröffentlicht“, erzählt Sänger und Gitarrist Jan-Phillip. „Als die Songs dann auf die Bühne sollten, hatte ich aber keine Lust, das allein zu machen und suchte Mitmusiker.“ Also kamen nach und nach Bennet ans Schlagzeug, Kevin an den Bass und Jan an die zweite Gitarre. Heute klingt kaum mehr etwas nach dem ursprünglichen Soloprojekt. „Das ist aber total gut so!“, lacht Jan-Phillip. „Der Sound klingt jetzt viel mehr nach einer Band und macht live auch viel mehr Spaß!“

„Wir konnten eine professionelle Musikproduktion kennenlernen, haben für die Zukunft hochwertiges Video- und Bildmaterial und konnten wertvolles Feedback mitnehmen“, so das Fazit von Colour Gray. (Foto: Line Tsoj)
Highlights zwischen SH Netz Cup und Landesfinale
„Ein Highlight ist auf jeden Fall, dass die Band in ihrer jetzigen Besetzung so überhaupt zueinander gefunden hat“, so Bassist Kevin. „Wir sind alle gute Freunde, auf einer Wellenlänge, mit denselben Ambitionen und haben einfach eine gute Zeit miteinander.“ Ein weiterer Höhepunkt sei definitiv der SH Netz Cup 2024. Dort hätten sie vor gut 1000 Leuten gespielt. „Die waren natürlich alle unseretwegen da und nicht wegen LEONY, die nach uns spielte“, sagt er augenzwinkernd.
Doch auch der Sieg im Landesfinale Schleswig-Holstein bleibt für Colour Gray unvergessen. „Wir haben schon einige Male bei local heroes und anderen Band-Contests mitgemacht und haben noch nie etwas außer Erfahrung gewonnen“, erinnert sich Kevin. „Die Erwartungshaltung war also – auch mit Blick auf die starke Konkurrenz – gering, weshalb wir uns umso mehr gefreut haben, dass wir das Landesfinale gewinnen konnten.“ Es sei eine große Ehre, das eigene Bundesland zu vertreten, betont Bennet. „Man ist nur ein kleiner Teil einer ganzen Musikszene und da ausgewählt zu werden, um sich mit den besten Newcomer:innen aus den verschiedenen Bundesländern zu messen und zu vernetzen, ist etwas ganz Besonderes.“ Zudem zeige es ihnen, dass sie mit ihrer Musik „nicht auf dem schlechtesten Weg sind“.

„Die Erfahrungen, die wir sammeln konnten, werden uns weiter voranbringen“, freut sich die Band über das umfassende Ergebnis des Musik-Camps. (Foto: Cora Schrage)
Herausforderungen zwischen Alltag und Musik
In ihrer Heimat Kiel profitieren sie von einer kleinen, aber feinen Musikszene. „Natürlich pulsiert es hier nicht wie in Hamburg oder Berlin, aber darin liegt bestimmt auch eine große Stärke, weil man sich eben größtenteils untereinander kennt. Das schafft einen vertrauten und herzlichen Umgang“, meint Jan. Ganz ohne Hürden geht es aber auch hier nicht – das wissen die jungen Musiker aus eigener Erfahrung. „Eine der größeren Herausforderungen ist es, den Alltag, der ja immer nebenbei mitläuft, mit dem zu verknüpfen, was wir lieben und was unser Hobby ist“, gibt Jan-Phillip zu. „Aber auch die verschiedenen Wünsche, Vorstellungen, Präferenzen bezüglich unserer eigenen Musik unter einen Hut zu bekommen und daraus einen eigenen Stil zu formen, ist nicht immer leicht.“
Auch die Sichtbarkeit ist für die junge Band ein Thema. „Eine riesige Hürde ist das absolute Überangebot an Musik“, erklärt er. „Das liegt ganz klar daran, dass Musikproduktion in den letzten Jahrzehnten viel zugänglicher und niedrigschwelliger geworden ist. Das ist eine tolle und gute Entwicklung, die aber eben auch dafür sorgt, dass ‚der Markt‘ komplett übersättigt und überladen ist.“ Es werde schwieriger, seine ganz eigene musikalische Nische zu finden und diese dann auch gut zu bespielen.“ Sie sind sich bewusst: „Wer jeden Tag drei Reels postet und ununterbrochen sendet, wird irgendwann gesehen. Da klemmt es noch ein wenig bei uns.“

Live-Session und vieles mehr! „Man lernt tolle neue Leute kennen, bekommt ehrliches Feedback zur eigenen Musik und hat die Möglichkeit sich musikalisch weiterzuentwickeln“, sind Colour Gray überzeugt. (Foto: Martin Schöffel)
Musik mit Nachdruck und Melancholie
Musikalisch setzen Colour Gray auf eine Mischung, die tanzbar und druckvoll ist. „Grundlage vieler Songs ist ein Beat, der nach vorne geht“, erklärt Jan-Phillip. „Sphärische Synths, drückende Gitarrensounds und lebendige Bässe untermalen das Ganze und ergeben eine Mischung, die live super viel Spaß macht.“ Vergleiche mit Placebo oder Blink-182 nehmen sie als Kompliment. „Es ehrt uns“, sagt er strahlend. Inhaltlich bleibt es bei Colour Gray oft nostalgisch, melancholisch, nachdenklich, persönlich – aber nie ohne Hoffnung. Ein perfektes Beispiel ist ihr Song „Fairytales“, den sie im Rahmen des local heroes-Recordings aufgenommen haben. „Er handelt von einer Person, die ihr Umfeld stets anlügt, um zu gefallen. Den Prozess des Herausfindens dieses Umstandes beschreibe ich in diesem Lied“, so der Songwriter.

Sich in professioneller Studio-Atmosphäre ausprobieren können, war ein fester Bestandteil des Bundesfinales. „Diese Mischung aus Netzwerk und Weiterentwicklung ist super viel wert“, betonen Colour Gray. Da rücke der eigentliche Musikpreis sehr in den Hintergrund. (Foto: Line Tsoj)
Hundisburg: Klassenfahrt, Bootcamp – und Dennis der Schlosskater
Ob die Band eines Tages auch einen Song über ihre Zeit auf Schloss Hundisburg schreiben wird? Wer weiß! Die gemeinsamen Tage bleiben für sie definitiv unvergesslich. „Das Setting von 13 Bands zusammen auf einem Schloss haben wir als eine Mischung aus lockerer Klassenfahrt in die Jugendherberge und Bootcamp erlebt“, beschreibt Kevin. „Natürlich haben wir auch schon Videodrehs, Coachings und Live-Sessions in variierenden Professionalitätsgraden absolviert, jedoch noch nie in einem so gebündelten und stringenten Setting. Es hat super viel Spaß gemacht, da alle Beteiligten kompetent und hilfsbereit waren. Arbeit konnte man das sicher nicht nennen.“ Kevin und seine Bandkollegen sind sich einig: „Es hätte von Anfang bis Ende nicht besser sein können: großartige Musiker:innen, professionelle Angebote, 3x täglich super Essen – Shoutout an Scholli, den Koch, bester Mann!“ Und dann war da noch Dennis, der betagte Schlosskater. „Wir glauben, er ist schon bei seinem neuneinhalbten Leben angelangt, aber er hatte immer noch ordentlich Biss“, erzählt die Band lachend.
„Es ist uns total egal, ob wir am Ende nun einen der vielen Preiskategorien gewinnen oder nicht“, fasst Kevin zusammen. „Wir sind mit Erfahrungen, neuen Kontakten und hochwertigem Pressematerial heimgefahren. Das macht uns schon zu Siegern.“

Mit ihrer Live-Session schufen Colour Gray Momente purer Freude. (Foto: Martin Schöffel)
Jury-Feedback: solide Bank mit Fragezeichen
Und wie sieht das die diesjährige Jury, bestehend aus Musikjournalist Martin Hommel, Sängerin und Vocalcoach Marie Antoinette Lührs sowie Konzert-Designerin und Regisseurin Rixa Knaack-Meyer zur Capellen?
Sie sah in Colour Gray eine Band mit klarer Energie – aber auch offenen Fragen. „Ich wollte direkt wieder die Skinny Jeans und Chucks rausholen – zurück in die 2000er“, meint Martin Hommel nach der Live-Session in der Schlossscheune. Allesamt seien sie gute Instrumentalisten. Die Band habe einen herausragenden Schlagzeuger und einen starken Gitarristen. Für Marie Antoinette Lührs ist Colour Gray eine „stabile musikalische Bank“. Die Expertin fragt sich jedoch: „Wohin wollen sie? Der Sänger hatte viel Drive, richtig gut. Trotz gewisser Gleichförmigkeit in der Musik gab es echte Momente, die das Publikum mitgenommen haben. Als fertige Band sofort buchbar: laut, energiegeladen, ballert. Aber für echten Erfolg braucht es noch Entwicklung.“ Entsprechend lautet auch der Rat von Jury-Kollegin Rixa Knaack-Meyer zur Capellen: „Sie sollten sich klar machen, wo die Innovation liegt. Ohne das wird es schwer. Es geht weniger um die Musik, sondern um Zusammenspiel und Verbindung. Da steckt viel drin!“

Gemeinsam mit den local heroes-Coaches Felix Mannherz und David Pfeffer sprachen Colour Gray über ihre Ambitionen als Band. (Foto: Cora Schrage)
Zukunftspläne: EP, Tourträume und ein Augenzwinkern an die KI
Ambitionen haben Colour Gray auf jeden Fall. Nach dem Musikcamp auf Hundisburg geht es für die Band erstmal ins Studio – genauer gesagt: ins Wohnzimmer von Jan-Phillip. Dort entsteht die EP ‚Epilogue‘, die bald erscheinen soll. „Dann wird es uns natürlich unter den Fingernägeln brennen, jene Songs durch diverse Live-Konzerte auch an den Mann und die Frau zu bringen. Ein Traum von uns wäre es, ein wenig über die Landesgrenzen von Schleswig-Holstein hinweg zu expandieren und vielleicht auf mal eine kleine Tour im Gesamtraum Deutschland zu spielen“, sagt Kevin.
Damit haben Colour Gray einen der wichtigsten Aspekte für ein nachhaltiges Musikprojekt erkannt: spielen, spielen, spielen. Und Bennet ergänzt: „Es braucht starke Songs und eine eigene Identität. Zudem sollte man immer am Ball bleiben, denn ohne Konstanz wird man auch nicht bestehen können.“ Gerade in der heutigen Zeit sei es wichtig, dass man auf vielen Plattformen sichtbar sei und die digitalen Möglichkeiten in einem gesunden Maß ausnutze. Diese Aspekte im Blick, sei es sicherlich hilfreich, seine Professionalität zu steigern, um eine gute Basis zu schaffen und damit Reichweite zu erlangen. „Das sind auch die Punkte, an denen wir uns orientieren und bei denen wir versuchen diese vernünftig umzusetzen.“
Blick nach Magdeburg
Keine „Zukunftsmusik“ ist allerdings der nächste fixe Termin in ihrem Bandkalender. Am 15. November fällt im Magdeburger Moritzhof die Entscheidung, wer die Preisgelder in Höhe von insgesamt 10.000 Euro erhält. Parallel läuft ab dem 6. November das Online-Voting für den Publikumspreis. Als Entscheidungshilfe gibt es für die User:innen die Live-Videos aus Hundisburg. Für Colour Gray aber ist schon jetzt klar: Die Reise hat sich gelohnt. „Die Zusammenarbeit mit local heroes ist ein Paradebeispiel für einen tollen und wertschätzenden Umgang mit jungen Künstler*innen.“ Das gesamte Team habe – auch auf lokaler Ebene – dafür gesorgt, dass sie sich sehr gesehen gefühlt hätten. „local heroes bietet ein unfassbar wertvolles und breites Netzwerk und ist genau der richtige Ort für junge, aufstrebende Bands wie uns.“
Colour Gray aus Kiel sind mehr als nur eine Band, die in Erinnerungen an die 2000er schwelgt. Sie sind Freunde, die gemeinsam Musik machen, Herausforderungen meistern und sich Schritt für Schritt professionalisieren. Ihre Mischung aus Melancholie, Energie und Humor zeigt: Hier ist eine Band unterwegs, die ihre eigene Nische finden will – und die schon jetzt jede Bühne zum Beben bringt.
Du möchtest mit Deiner Band oder als Solo-Act bei local heroes dabei sein? HIER findest Du die Ansprechpartner:innen in Deinem Bundesland.
Text: Nicole Oppelt
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Die Bundesfinalist:innen 2025 im Überblick:
Die Teilnehmer:innen des Bundesfinales 2025 haben sich in verschiedenen Landesausscheiden bzw. über Nominierungen qualifiziert und traten als Newcomer-Act für ihr Bundesland an:
Joshua Caleb für Baden-Württemberg
Nachtkinder für Bayern
Waveywave für Berlin
Viasko für Brandenburg
Rapid Strides für Bremen
Morgen in Farbe für Sachsen
Tomken für Mecklenburg-Vorpommern
Chicago Lane für Niedersachsen
Nuk für Nordrhein-Westfalen
Ratte Rosa für Rheinland-Pfalz
Leander für Sachsen-Anhalt
Colour Gray für Schleswig-Holstein
Caems für Thüringen
Die Jury setzt sich in diesem Jahr wie folgt zusammen:
Martin Hommel (Musikjournalist)
Marie Antoinette Lührs (Sängerin & Vocalcoach)
Rixa Knaack-Meyer zur Capellen (Konzert-Designerin & Regisseurin)
Die Coachings wurden durchgeführt von:
David Pfeffer (Sänger, Songwriter, Produzent)
Felix Mannherz (Schlagzeuger, Gitarrist, Sänger)












