„Das war wirklich energetisch. Sie haben es geschafft, dass Leute zu dieser späten Uhrzeit noch tanzen. Das ist echt eine Kunst“, lobt Juror Pablo Christlein die Live-Session der „Fliegenden Haie“. (Fliegende Haie // Fotografin: Line Tsoj / Aktion Musik • local heroes e.V.)

Die Sharp Electro Pop-Künstler:innen gehören zu einem ausgewählten Kreis von zwölf Acts, die sich auf Bundesebene bei Deutschlands größtem Non Profit-Newcomer-Musikpreis präsentieren dürfen. Anfang September ging es für alle Bundesfinalist:innen auf Schloss Hundisburg bei Magdeburg, wo eine aufwendige Bundesfinal-Doku produziert wurde. Sie wird am 9. Dezember, ab 20 Uhr, in Musikclubs, soziokulturellen Zentren und weiteren Einrichtungen der Kulturszene in den Heimatstädten der Finalist:innen ausgestrahlt. „Fliegende Haie“ laden ihre Fans hierzu ins Bellevue di Monaco ein.

„Eigentlich hat unsere Musik nicht wirklich etwas mit irgendwelchen Heimatgefühlen zu tun“, sagen Kristina Paulini und Jan König alias „Fliegende Haie“. „Angefangen hat alles, als wir uns für einen One-Night-Stand verabredet haben. Gut vier Jahre später hängen wir immer noch zusammen rum.“ Dennoch geraten sie ins Schwärmen, wenn sie an die Musikszene in Bayern denken.

„Da gibt es echt viel. Viele Bands, viel spannende Musik - siehe auch die Top 20 von local heroes Bayern - und auch viel Unterstützung, ob in einzelnen Städten, Regionen oder fürs ganze Bundesland.“

Auf dem Festival „ab geht die Lutzi“ in der Nähe des Kurortes Bad Kissingen zu spielen, sei der Anreiz gewesen, sich überhaupt bei local heroes Bayern zu bewerben. Denn hier wird Jahr für Jahr das bayerische Landesfinale ausgetragen. „Dort zu sein war schon großartig und dass wir ins Bundesfinale kommen würden, soweit haben wir nie gedacht.“ Das Landesfinale sei ein wundervoller Tag gewesen. Es habe interessanten Input und ein vom Verband für Popkultur in Bayern e.V. (VPBy) mitorganisiertes Netzwerktreffen gegeben. Vor allem die gegenseitige Wertschätzung beim Kennenlernen und während der Konzerte der einzelnen Landesfinalist:innen hätten sie sehr genossen. „Der krönende Abschluss war natürlich, den ‚Hauptpreis‘ abgeräumt zu haben.“ Dieser hat sie Anfang September zum local heroes Bundesfinale 2023 geführt.

Gewohnte Pfade verlassen

Vier Tage verbrachte das Duo in einem der bedeutendsten Barockschlösser Sachsen-Anhalts, um dort gemeinsam mit ihren Mitstreiter:innen die Bundesfinal-Doku 2023 zu drehen. Hier konnten sie nach Herzenslust „netzwerken“, sich in Interview-Situationen ausprobieren, erhielten Individual-Coachings und absolvierten ein Live-Recording ihres ausgesuchten Songs. Der Höhepunkt für alle Beteiligten: Die Teilnehmer:innen konnten sich während drei abendlicher Live-Sessions näher kennenlernen und ihr außergewöhnliches Potential der Öffentlichkeit präsentieren. „Wir recorden eigentlich immer in einem kleinen Home Studio, komplett frei und können jederzeit abbrechen oder etwas wiederholen“, schildern sie ihre bisherige Vorgehensweise. „Da war der Live-Performance-Dreh, von dem die Tonspur im Prinzip unbearbeitet übernommen wird, schon nicht ohne.“ Das gemeinsame Konzert am Abend sei dann aber wieder „gewohntes Terrain“ gewesen.

„Das Feedback von Jury und Coaching war super hilfreich und motivierend, weil es uns gezeigt hat, dass wir auf dem richtigen Weg sind und gleichzeitig noch einiges anpacken können, um mit den Haien wirklich hoch zu fliegen“, so ihr Fazit.

„Auf der persönlichen Ebene waren alle Begegnungen schön, gerade auch mit den anderen Bands. Da werden wir mit einigen in Kontakt bleiben.“

Nächstes Ziel: Eine eigene Hai-Society

Kristina und Jan haben den Netzwerkgedanken von local heroes gelebt. Entsprechend sind auch ihre Hoffnungen für die Zeit nach der Musikpreis-Phase. „Ein bisschen Reichweite, interessante Connections über Bayern hinaus und spannende Impulse für unsere weitere Reise.“ Neue Songs stehen bei ihnen ganz oben auf der Agenda.

„Man sagt zwar, Qualität setzt sich durch. Das ist in gewisser Weise auch richtig. Doch man kann Erfolg nicht prophezeien. Der Markt ist groß und es gehört immer noch ganz viel Glück dazu, wirklich erfolgreich zu werden“, hat Coach David Pfeffer seinen Schützlingen mit auf den Weg gegeben.

Die „Fliegenden Haie“ sind sich dessen bewusst: „Du musst etwas ausstrahlen, womit sich Menschen so identifizieren, dass sie in all der Schnelllebigkeit bei dir und deinem Projekt bleiben, eine Community, die mit dir auf die Reise geht. Unsere eigene Hai-Society.“

Und sie scheinen auf einem guten Weg zu sein. „Als Frau&Mann-Duo beschäftigen uns besonders Geschlechterklischees und Rollen – wie hat eine Frau auszusehen, wie hat sich ein Mann in unserer Gesellschaft zu verhalten und so weiter. Da ist es für uns spannend, unsere jeweiligen Blickwinkel zusammenzubringen und eine Haie-Position zu entwickeln“, versuchen sie ihr Anliegen in wenige Worte zu fassen. „Wir lieben die Reibung zwischen clubbiger Mucke und kritischen Texten, also einerseits Abschalten und Abfeiern und andererseits der Glaube, dass die Welt ein besserer Ort sein könnte und müsste. In dem Spannungsfeld heben die Haie ab.“

Unbequeme Themen: „Fliegende Haie“ trauen sich

Von diesem Ansatz zeigte sich auch die Jury angetan. „Sehr mutig! Sie trauen sich Themen anzusprechen. Das ist wichtig in der heutigen Zeit“, so Juror Pablo Christlein. „Dazu haben sie fette Beats. Sie haben Mega-Stimmung gemacht und waren auf alle Fälle bereit, alles zu geben.“ Seine Kollegin Senta-Sofia Delliponti hatte einen ähnlichen Eindruck. „Auf Performance-Ebene waren sie total ausgebufft und ausgeklügelt. Sie haben versucht, die Location 360 Grad zu bespielen. Das fand ich super.“ Ihr gutgemeinter Rat: „Ihre Themen sollten sie wirklich durchgehen – nicht nur sarkastisch, sondern auch ins nächste Level gehen.“ Darauf freut sich auch Jurorin Angela Peltner.

„Sie haben den Zeitgeist so gut getroffen. Die Leute wollen feiern, wollen nicht nachdenken. Betroffen sein ist gerade nicht so en vogue. Ich finde, sie haben diesen Zeitgeist gut im Griff. Die Themen, die sie ansprechen, sind wahnsinnig wichtig, zum Beispiel Frauen, wenn sie alleine nach Hause gehen.“

Kristina und Jan sind motiviert, weiter an sich zu arbeiten. „Eine Hürde, die wir sehen, ist, dass es so viel Musik gibt, und zwar aus der ganzen Welt, die zeitgleich für alle verfügbar ist. Dadurch ist es mega schwer, vor allem längerfristig die Aufmerksamkeit von Fans zu gewinnen und zu halten“, so ihre Einschätzung. Das Angebot der beiden Coaches David Pfeffer und Felix Mannherz, sich auch künftig direkt bei ihnen oder allen anderen Beteiligten zu melden, werden sie sicherlich annehmen. „Das Niveau, auf dem wir coachen, steigt seit Jahren“, betont Felix Mannherz. Doch es seien im wieder dieselben Themen. Dazu gehöre zum Beispiel die Angst oder auch die Prokrastination, sich in den Sozialen Medien selbst zu zeigen. Zum anderen die Schwierigkeit, das organisatorische Drumherum, wie Booking oder Gema, hinzukriegen. „Interessanterweise hält sich immer noch recht hartnäckig der Gedanke, dass der ‚Heilsbringer‘ ein Label oder ein Verlag ist, der einem einen Vertrag hinlegt und dann geht die Reise los. Dabei können sie in dem Stadium, in dem sie gerade sind, von do it yourself nur profitieren.“

Welcher Act den inzwischen wichtigsten Musikpreis der deutschen Non-Profit-Musikszene beim local heroes Bundesfinale erhält, wird im Rahmen der Ausstrahlung am 9. Dezember, ab 20 Uhr, bekanntgegeben. Hierzu laden die „Fliegenden Haie“ zu ihrer eigenen Veranstaltung ins Bellevue di Monaco ein. Die finale Entscheidung obliegt, neben der Fachjury, auch dem Publikum, das in den einzelnen Lokalitäten zur Abstimmung aufgefordert wird und über einen eigenen Publikumspreis entscheidet.

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Titelbild und Galerie: Line Tsoj

Pressetext: Nicole Oppelt, Lina Burghausen, Laura Klar