„Me On Monday“holen mit Pop-Punk der alten Schule den Sieg

Am 9. November fand die Suche nach dendiesjährigen „local heroes“ ein Ende: Bei dem Bundesfinale des beliebten NonProfit-Newcomercontests eroberten insgesamt 15 Bands aus ganz Deutschland dieBühne im Kulturhaus von Salzwedel. Lautstarke Unterstützung bekamen sie diesmalvon der Berliner Band „The T.C.H.I.K.“. Durchsetzen konnten sich am Ende „Me OnMonday“ aus Thüringen. Sie sind die Gewinner der Nacht und dürfen sich nun„Beste Newcomerband 2019“ nennen. Den Publikumspreis gewann Band „Federhall“aus Sachsen-Anhalt.

 

Fragt man dieser Tage, welcheErinnerungen die Menschen an den 9. November 1989 haben, hat wohl jeder seineganz persönliche Geschichte auf Lager. Auch in Salzwedel war das am vergangenenWochenende nicht anders. Das diesjährige „local heroes“-Bundesfinale stand ganzim Zeichen des historischen Datums. Schon im Foyer wurden die Besucher*innen an30 Jahre Mauerfall erinnert, wurden Begegnungen – der Kernaspekt von „AktionMusik / local heroes e.V.“ – par excellence gelebt. „2019 geht es uns einmalmehr nicht um ‘höher, schneller, weiter‘“, betonte Projektleiterin JuliaWartmann schon in den Wochen vor dem großen Tag. „local heroes“ sei ein Ort derZusammenkunft, der seit seiner Anfangszeit Ost und West miteinander verbundenhabe. Am 9. November 2019 bewahrheitete sich ihre Einschätzung auf dasAllerbeste.

Salzwedel verbindet Menschen aus der gesamten Republik

Dieses Gefühl absoluter Verbundenheit war gewaltig und riss bis in die frühenMorgenstunden des 10. Novembers nicht ab. Schließlich war allen Anwesenden vorund hinter den Kulissen bewusst: Sie sind dabei, wenn Musikgeschichte auf neueArt geschrieben wird. Ohne Unterlass und nicht selten lautstark unterstütztendie mitgereisten Fans alle auftretenden Künstler*innen. Das Team hinter denKulissen sorgte für einen reibungslosen Ablauf. Musikalische Vielfalt wurdegroßgeschrieben und euphorisch gefeiert. Indie traf in dieser Nacht aufkernigen Rock und Pop-Punk wurde neben Psychedelic Artrock gefeiert. Dabei wartraditionell Tempo angesagt. Immerhin hatte jede Band lediglich 20 MinutenZeit, Publikum und Jury für sich zu begeistern.

Das Basisprojekt „local heroes“, das junge Menschen im ländlichen Raum und inden Städten findet, um ihnen eine Plattform abseits ihrer Heimatregionenanzubieten, präsentierte sich im diesjährigen Bundesfinale so stark wie selten.Die Freude über insgesamt 15 teilnehmende Bundesländer stand nicht nur JuliaWartmann während des gesamten Finales ins Gesicht geschrieben. Nachfünfjähriger Pause kehrte Bayern mit seinen Landesfinalisten „Betamensch“zurück nach Salzwedel. Und auch Thüringen beteiligte sich mit „Me On Monday“,dank der Kooperation mit der Deutschen Bahn und „Mein Einkaufsbahnhof“, erneutan einem der wichtigsten Musikpreise für Newcomer*innen des Landes.

Den Jury-Titel „Beste Newcomer-Band 2019“ räumten am Ende „Me On Monday“ ausThüringen ab. Mit ihrer Mischung aus Alternativeund Pop-Punk gewannen sie den Jurypreis. Das Publikum konnten „Federhall“aus Sachsen-Anhalt am meisten von sich überzeugen. Bester Vokalist darfsich seit dem 9. November Marcus Lifke, Frontmann von „Fin Dawson“aus Schleswig-Holstein nennen. Bester Instrumentalist des diesjährigenbundesweiten Wettbewerbs ist Florian-Michel Huwe, Gitarrist der Band„The Deaf Kings“ aus Berlin.

1.400 Newcomer-Bands aus ganz Deutschland wollen dabei sein


„Musik leistet einen extrem wichtigen Beitrag zum Zusammenkommen vonKulturen, noch immer sprechen wir auch über innerdeutsches Zusammenkommen“,sind Julia Wartmann und ihr Team überzeugt. Eindrucksvoll zu beobachten war daseinmal mehr in den vergangenen zwölf Monaten. Die 15 Landesfinalisten 2019setzten sich in dieser Zeit gegen sage und schreibe 1.400 Newcomerbands ausganz Deutschland durch. In teils mehrstufigen Wettbewerben galt es sich immerwieder aufs Neue vor Jury und Publikum zu bewähren. Entsprechend waren dieJubelrufe der anwesenden Gäste, die den Finalisten und dem „local heroes“-Teambei der Siegerehrung gegen zwei Uhr morgens entgegenschlugen. „Wir sind indiesem Jahr etwas mehr zurück zu unseren Ursprüngen gekommen – junge Menschenaus dem Proberaum herauszuholen und auf die Bühne zu bringen, wo sie sichausprobieren können“, lässt Wartmann den Abend Revue passieren. „DasTeilnehmerfeld hat gezeigt, dass es bei ‚local heroes‘ auch mal Ecken und Kantengeben darf. Es geht um echte Gefühle und echten Spaß an der Musik. Die Bands indiesem Jahr überzeugten besonders mit ihrer Authentizität.“

Beitrag zur gesellschaftlichen Teilhabe

Das Kennenlern-Projekt „local heroes“, das durch gemeinschaftliche Erlebnisseseinen Beitrag zur gesellschaftlichen Teilhabe leistet, lief auch 2019 völlig„basisdemokratisch“ ab. Die geladenen Fachleute der Jury und die mitgereistenFans urteilten anhand der Auftritte über die größten musikalischen Potenzialeaus der gesamten Bundesrepublik. Dass es an diesem Abend um viel – und nichtnur einen bloßen Titel – geht, war allen bewusst. Entsprechend sorgfältig undmit dem gebotenen Ernst wurde von den meisten Anwesenden abgewogen.

„Me On Monday“, die großen Gewinner der Nacht, konnten ihr Glücktatsächlich kaum fassen. Sie gewannen nicht nur den 1. Jurypreis, sondernwurden auch Zweitstimmensieger beim Publikum. „Ich zittere noch“, sagtGitarrist Max Cramer beim Gang von der Bühne. Und auch der Rest der Band istsichtlich sprachlos. „Wir hatten einfach Bock auf dieses Bundesfinale, undsind nach unserem dritten Anlauf nun für Thüringen dabei gewesen. Allein derZweitstimmenpreis ist uns so viel wert, weil er bedeutet, dass gerade dieLeute, die uns noch nicht kannten, für uns gestimmt haben. Als am Ende derGesamtsieger genannt wurde und unser Name fiel, habe ich das gar nicht gerafft“,so Frontmann Marius Henschel. „Me on Monday“ sind bekennende “localheroes”-Fans. Von dem Newcomer-Netzwerk haben sie in den vergangenen Jahren mehrfachprofitiert. „Es ist schwierig, das noch zu steigern. Wir haben hier so vielenette Leute kennengelernt, mit denen wir inzwischen zusammenarbeiten oder bisheute Kontakt haben. Das war eigentlich der Weg zum Ziel, der eigentlicheGewinn.“ Das „local heroes“-Team und die anderen Bands wollen die fünfMusiker auch nach ihrem Sieg nicht aus den Augen verlieren. „Hier warensuper viele kranke Bands. Viele von ihnen haben wir uns angesehen oder imBackstage mit ihnen abgehangen. Das hat viel Spaß gemacht und der Austauschuntereinander war sehr wertvoll. Die Qualität der Bands im Bundesfinale istriesig, das sind wirklich alles verdiente Bundesfinalisten. Deswegen haben wirunseren Sieg auch so wenig erwartet“, lässt Marius den Abend weiter Revuepassieren. „Wir haben einmal mehr gemerkt, dass „local heroes“ eigentlichkein Contest ist, sondern ein richtig großes Networking-Event. Es warunheimlich toll, daran Teil zu haben“, führt Schlagzeuger Titus weiter aus.Den Gewinn muss die Band aus Jena und Leipzig nun erstmal verarbeiten.

Über so viele positive Worte zu „local heroes“ freut sich auch Julia Wartmann: „DiesesJahr hatten wir einige ‚Wiederholungstäter‘ unter den Bundesfinalisten. Es istso schön, zu sehen, wie eine Band über Jahre kontinuierlich hart an sicharbeitet und einzelne Juroren diese Entwicklung auch nachvollziehen können. ‚MeOn Monday‘ hat sich einen neuen Namen gegeben, hat wirklich viel geübt und vorallem live gespielt – denn da lernt man am meisten. Heute haben sie richtigabgeliefert.“
Die Siegerband durfte sich nicht nur über ein MK4 Mikrofon aus dem HauseSennheiser, einen 500-Euro-Gutschein für Musikequipment von Thomann und einenFirst-Class-Deal mit umfassender Releaseplanung und Storepromotion vonrecordJet freuen. Der digitale Musikvertrieb legt zudem noch eine exklusiveCD-Pressung für das nächste Release der Band mit drauf. Die Gewinner erhaltenzusätzlich den Förderpreis des Ministeriums für Kultur des LandesSachsen-Anhalt für eine Promotionleistung. Außerdem bekam die Band für ihrenZweitstimmensieg einen BrandRocks-Gutschein im Wert von 200 Euro.

Hervorragende Leistungen werden gewürdigt

Die Publikumssieger „Federhall“ aus Sachsen-Anhalt waren kurznach ihrer Prämierung noch sichtlich baff. „Es ist einfach ein unfassbar langerund stressiger, aber sehr gut durchgetakteter Tag gewesen“, sind sie sicheinig. „Gerade sind wir einfach nur erschlagen.“ Ihr Preis, ein400-Euro-Gutschein von dem Merchandise-Anbieter BrandRocks, ein Release für einAlbum und eine Single sowie eine CD-Pressung, gestiftet von recordJet, kannsich sehen lassen. „Eine Stunde spielen ist schon besser als 20 Minuten“,schmunzeln die Fünf gegen halb drei Uhr morgens. Denn „echte Kritik“,das merkt man ihnen an, mag ihnen nicht auf Anhieb einfallen. Für sie sei „Netzwerken“alles. Und genau das hätten sie bei „local heroes“ sehr gut umsetzen können.Auch von den Coachings und der Location „mit all ihren Annehmlichkeiten“ zeigtesich das Quintett begeistert. „Hier konnten wir uns bewegen. Das ist schonetwas ganz anderes als zu fünft auf drei Quadratmetern zu spielen.“ Mitgerade einmal 18 Fans waren sie nach Salzwedel gereist – überzeugt haben siedie vielen Anwesenden auf ganzer Linie.

Florian-Michel Huwe, bester Instrumentalist des Bundesfinales, strahlteebenfalls bis über beide Ohren. Seine Band „The Deaf Kings“ landete in derJurywertung auf Platz 3: „Wir hatten einen mega geilen, aber auch sehranstrengenden Abend. Seit 16 Stunden sind wir auf den Beinen, aber unsere Fanshaben durchgehalten. Das wird uns jetzt nochmal mit diesen zwei Preisengedankt. Wir haben vorher viel Arbeit in unsere Show gesteckt, was sichdefinitiv gelohnt hat.“ Trotz den vielen Stunden auf den Beinen: Müdigkeitist bei diesem Abräumer nach der Preisverleihung noch lange nicht zu spüren.Freuen darf er sich über ein MK4 Mikrofon von Sennheiser. „Angefangen,Gitarre zu spielen, habe ich mit etwa zehn Jahren. Ich bin einfach viel amÜben, und diese Arbeit macht sich jetzt langsam mal bezahlt. Gerade in meineSolos stecke ich viel Mühe.“ Zu einer guten Instrumentalperformance gehörtfür den Gitarristen nicht nur eine gute Technik, sondern auch Bewegung auf derBühne.
Marcus Lifke, bester Sänger des Abends, war gerührt über dieAuszeichnung. „Ich habe überhaupt nicht damit gerechnet, aber ich freue michnatürlich wahnsinnig“, so der Frontmann von „Fin Dawson“ kurz nach derPreisübergabe. „Heute Abend waren eine ganze Menge sehr talentierterKünstler auf der Bühne.“ Der Sänger mit der tiefen und wunderbar rauenStimme wurde mit einem e945-Mikrofon sowie In-Ear-Monitoring-Kopfhörern vonSennheiser belohnt. Professionellen Gesangsunterricht nimmt Marcus Lifkeübrigens nicht. Zwar habe er sich bereits mit Coaches unterhalten, doch imWesentlichen auf sich selbst gesetzt. „Das war natürlich auch eine Reisedurch viele verschiedene Stadien“, blickt er zurück. „Es hat gedauert,bis ich dort angekommen bin, wo ich mich wohlfühle und aufgehört habe, Leutennachzueifern.“

Die Band „Feathers and Greed“, die den zweiten Platz in der Jurywertungabräumte, nimmt einen Gutschein für einen Albumrelease, gestiftet vonrecordJet, mit nach Hause, während die Drittplatzierten „The Deaf Kings“ sichüber ein Singlerelease mit Unterstützung des Digitalvertriebs freuen dürfen.Die Plätze Zwei und Drei aus Sicht des Publikums erreichten „On Our Own“und „Feathers and Greed“. Sie dürfen sich jeweils überThomann-Gutscheine im Wert von 300 bzw. 200 Euro freuen.
Alle teilnehmenden Bands erhielten außerdem GoodieBags, bestehend aus einerFlatM-100-Monitorbox sowie einem 50%-Rabattgutschein und Merchandise aus demHause IMG Stageline.
Insgesamt wurden die hervorragenden Leistungen aller teilnehmenden Bands mitPreisen im Wert von über 10.000 Euro gewürdigt.

„Wahnsinnige Energie auf der Bühne“

Entsprechend sorgfältig ging die diesjährige „local heroes“-Fachjury vor. Dieneun Damen und Herren hatten im wahrsten Sinne des Wortes die Qual der Wahl. ImZuschauerraum des Kulturhauses tummelte sich in diesem Jahr erstmals JurorinImke Machura, Geschäftsführerin der „Raketerei“. “Imke war Bookerin sowiePromoterin, ist Produkt- und Labelmanagerin und seit fast einem Jahrzehnt Teilder Musikbranche“, freut sich „local heroes“-Chefin Julia Wartmann über dievielen Perspektiven, die die neue Jurorin in den Wettbewerb mit einbringt. Vorzwei Jahren gründete sie „Raketerei“, ein Musikerinnen-Netzwerk, dasmittlerweile 800 Mitglieder fasst. Als Mentorin, Co-Pilotin, Partnerin in Crimeunterstützt sie seither Künstlerinnen dabei eine profitable musikalischeKarriere aufzubauen.

„Es ist eine wahnsinnig schöne Atmosphäre. Man fühlt sich sehr willkommen“,so Imke Machuras Gesamteindruck. In musikalischer Hinsicht fehlt derRaketerei-Chefin jedoch ein wenig die Vielfalt. Obendrein stünden vorwiegendMänner im Finale. Unterbrochen wurde die Reihe der Frontmänner lediglich von„Mischa“ und „Darcy’s Fault“. „Ich fand ihre Stimme unheimlich toll“,lobt Imke Machura etwa „Mischa“-Frontfrau Mimi Elsässer.

Solides Handwerk habe sie gehört, was sie sich wünsche, sei daher noch mehrMut, mehr Kreativität und mehr Frauen, die sich angesprochen fühlten.Tatsächlich gäbe es weniger Frauen- als Männerbands. „Die Frage ist jedoch,warum sind die Frauenbands weniger sichtbar.“ Imke Machura sieht hierfürmehrere Gründe. So sei ihr unter anderem aufgefallen, dass junge Frauen insozialen Medien wie YouTube „verbal ganz anders angegangen“ würden alsMänner. „Das macht in jungen Jahren etwas mit ihnen. Sie ziehen sich wiederzurück und behalten ihre Kunst möglicherweise für sich.“ Ein anderer Aspektsei die Erziehung. Noch immer würden junge Frauen mit dem Bewusstseinerwachsen, sich einen „sicheren Job“ zu suchen, da sie irgendwann Kinderbekommen würden. „Es gibt hier viele gesellschaftliche Mechanismen. Dadurchist die Hürde für Frauen höher, den Schritt in die Musikbranche zu machen“,so ihre These.

Neben Imke Machura stellten sich auch zahlreiche bekannte Jury-Gesichter derHerausforderung, Deutschlands besten Newcomer-Act zu küren. Unter anderem mitdabei waren der bekannte Musikproduzent Peter Hoffmann, Jorin Zschiesche,Captain von recordJet (u.a. Milky Chance, Alice Merton) und der Filter MusicGroup sowie Martin Risel von Deutschlandfunk Kultur. Musikjournalist und freierPopautor Ole Löding war ebenfalls wieder Teil der „Familie“. Er schrieb zuletztdas Buch „Sound of the Cities“, berichtet aber auch für Medien wie den WDR oderdas Magazin K-West. Unterstützt wurden sie von Singer-Songwriter Tim Gerritsund Björn Westpfahl von IMG Stageline.

Die Zuschauer*innen schätzen vor allem Bands, die sich etwas trauen

„Wie jedes Jahr ist es eine hervorragend organisierte Veranstaltung, bei derman spüren kann, dass das für die Bands ein besonderer Abend ist“,rekapituliert Stammjuror Ole Löding den Abend. So gingen die Finalisten mitviel Leidenschaft, Engagement und natürlich auch Hoffnung an ihre Auftritte undholten in der Kürze der Zeit wirklich alles aus sich raus. „Wir haben heuteBands gesehen, die ganz unterschiedlich sind“, zeigt sich derMusikredakteur über die musikalische Vielfalt begeistert. Für ihn sei es immerwieder überraschend, wie qualitativ hochwertig viele Bands seien und wieprofessionell sie mittlerweile auf der Bühne agieren würden. Natürlich gebe esda Abstufung, aber dafür seien sie als Jury da. Besonders gefreut hat OleLöding eine „local heroes“-Entwicklung: Habe es in den vergangenen Jahren vieleTeilnehmer*innen gegeben, die auf starke Showeffekte setzten, hätten sich diese2019 auf das Wesentliche konzentriert und „auf ihr Songmaterial verlassen“.Die Zuschauer*innen würden vor allem Bands schätzen, die sich etwas trauen –und zwar aus allen Genres.

So sei es auch bei der Jury, die zudem die Diversität der Teilnehmer*innen imBlick habe: „Es gibt hier nicht nur wenig Frauen, sondern auch wenigeMusiker*innen, die einen Migrationshintergrund haben“, bedauert Ole Löding,betont aber auch, dass sowohl die Jury als auch die Organisator*innen sichbewusst für ein bunteres Teilnehmerfeld einsetzen. Dabei stellt der Juror auchnochmal den Kern des Projektes „local heroes“ heraus: „Es ist zwar toll,wenn man am Ende einen Preis gewinnt. Aber die Hauptsache ist, dass man hiermit ganz vielen anderen tollen Künstler*innen in Kontakt kommt. In der heutigenMusikwelt kann man es nur schaffen, wenn man Netzwerke bildet und sichPartner*innen sucht, mit denen man diesen gerade am Anfang extrem steinigen Weggeht.“ Umso wichtiger sei es gerade für marginalisierte Gruppen, beiVeranstaltungen wie „local heroes“ dabei zu sein, da sie hier Zugang zu vielenwertvollen Kontakten bekämen, die sie voranbringen könnten.

„Investiert Zeit ins Songwriting!“

Auch David Pfeffer und Felix Mannherz blicken auf einen bewegenden Abendzurück. Beide standen im Zuge des Bundesfinales 2019 nicht nur als Juroren,sondern auch als Coaches in den Startlöchern, um den jungen Talenten ganzpersönlich mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. „Der Gesamteindruck wardieses Jahr wieder gut und insgesamt durchaus auf hohem Niveau“, so DavidPfeffer kurz nach dem großen Finale. „Das war ein sehr enges Feld und eswaren durchaus Bands dabei, die sich etwas haben einfallen lassen und einKonzept hatten.“ Insgesamt hätte der ein oder anderen Band jedoch dasBesondere gefehlt. Der Musiker hat daher einen ganz wesentlichen Appell an alleTeilnehmer*innen des Abends: „Investiert Zeit ins Songwriting!“ Immerwieder falle ihm auf, dass genau darauf zu wenig Augenmerk verwandt werde,dabei sei das das A und O. Das sei jedoch ein Aspekt, an dem alleNewcomer-Bands arbeiten sollten.

„Wir waren als Juror*innen auf jeden Fall so unterschiedlicher Meinung, wieich es während meiner Zeit bei ‚local heroes‘ noch nicht erlebt habe“,beschreibt Ole Löding den Juryprozess. Insgesamt vergaben die Experten der Jurydie Titel „Beste Newcomerband (Jury)“, „Beste/r Instrumentalist/in“ und„Beste/r Vokalist/in“. Das Publikum hatte ein eigenes Stimmrecht und entschiedüber die „Beste Newcomerband (Publikum)“ sowie über den „Zweitstimmensieger“.

„The T.C.H.I.K.“ rissen die Hütte ab

Den krönenden Abschluss dieser Nacht lieferten ohne jeden Zweifel „TheT.C.H.I.K“. Den vier Musikerinnen gelang es tatsächlich gegen ein Uhrmorgens noch einmal sämtliche Kräfte des Publikums zu mobilisieren. „CirclePits aus Strass“ gehörten dementsprechend ebenso zum gelungenen nächtlichen„Workout“ wie viele „süße Boys“, die sich zu den Klängen der Berlinerinnenexzellent zu bewegen wussten. „The T.C.H.I.C.K.“ provozierten gekonnt, undspielten sich zugleich in die Herzen des Publikums. Mit Regenbogenflagge aufder Bühne und empowerndem Selbstverständnis in den Songtexten setzen sie zudemwichtige Statements auf der „local heroes“-Bühne.

Das Bundesfinale – ein Ort der Inspiration

„The T.C.H.I.K“-Sängerin Ilay zeigte sich begeistert vom diesjährigenBundesfinale. Sie selbst sei mit ihren Bandkolleginnen viel auf Festivals,gerade auch auf kleineren Veranstaltungen unterwegs. Eine ähnliche Atmosphärewie dort finde sie hier in Salzwedel wieder. „Ich mag es sehr,unvoreingenommen andere Bands live anzusehen und mich überraschen zu lassen“,schwärmt Ilay. Diese Möglichkeit biete „local heroes“. Ins Auge gestochen seiihr „Feathers and Greed“ aus Niedersachsen. Eine Band mit einem durchausungewöhnlichen Instrument in der Besetzung – dem klassischen Cello. NeueEinblicke und frische Inspiration mit nach Hause nehmen – das macht für sie einBesuch auf Events wie diesem aus. „Man lernt nie aus“, ist dieMusikerin, die übrigens selbst Cello spielt, überzeugt. „Ich mag es, vonallen Stilen noch einmal neue Eindrücke zu bekommen und Dinge zu sehen, die ichvorher vielleicht noch nicht gekannt habe. Das ist sehr faszinierend.“

Neue Eindrücke, neue Sounds, neue spannende Künstler: Auch für dieteilnehmenden Musiker*innen und Fans war das Bundesfinale 2019 ein echter Ortder Inspiration. Nicole und Ashley, zum Beispiel, waren eigens für ihreFavoritenband „Me On Monday“ angereist. Für beide war das „localheroes“-Bundesfinale in Salzwedel eine echte Premiere. Begeistert hat dieleidenschaftlichen Konzertgängerinnen jedoch nicht nur das Kulturhaus und die„vielfältigen“ Künstler, die sie sich mit großem Interesse angesehen hätten.Gerade Nicole wurde ob des historischen Datums des Abends durchausnachdenklich. 13 Jahre sei sie 1989 alt gewesen. Entsprechend hautnah habe siedie Ereignisse damals erlebt. Dass man ein solche Bundesfinale an diesem Tagfeiern dürfe, sei etwas ganz Besonderes. „Die meisten Bands, die hierteilnehmen, sind so jung, dass sie nicht mehr wissen, wie es früher war“,so Nicole nachdenklich. „Solche Dinge, wie dieses Bundesfinale hätten wirdamals nicht erleben können. Die Welt ist musikalisch offen.“

„local heroes“ ist eben ein absolutes Herzensprojekt und vereint die Crème dela Crème der deutschen Newcomer-Szene. Die Teilnehmer beeindrucken undprofitieren nachhaltig – durch neue Kontakte, mehr Sichtbarkeit, wertvollesFeedback und eine unvergessliche Contest-Erfahrung. Die Zuschauer blicken weitüber den eigenen, regionalen Tellerrand und werden gewahr, wie buntDeutschlands Nachwuchsszene tatsächlich ist. Auf den Tag genau 30 Jahre nachdem Mauerfall stehen im Kulturhaus in Salzwedel 15 Bands aus nahezu allenBundesländern auf der Bühne und feiern gemeinsam die Vielfältigkeit jungerPopmusik und ihre Talente aus ganz Deutschland. Man könnte diesen historischenTag kaum schöner feiern.

Die gewonnenen Titel im Überblick:
Beste/r Vokalist/in: Marcus Lifke, Fin Dawson (Schleswig-Holstein)
Beste/r Instrumentalist/in: Florian-Michel Huwe, The Deaf Kings (Berlin)
1. Platz Jury: Me On Monday (Thüringen)
2. Platz Jury: Feathers and Greed (Niedersachsen)
3. Platz Jury: The Deaf Kings (Berlin)
1. Platz Publikum: Federhall (Sachsen-Anhalt)
2. Platz Publikum: On Our Own (Bremen)
3. Platz Publikum: Feathers and Greed (Niedersachsen)
Zweitstimmensieger: Me On Monday (Thüringen)

Hier die Teilnehmer des Bundesfinales 2019 in der Übersicht:
Federhall: Sachsen-Anhalt
Mischa: Baden-Württemberg
Betamensch: Bayern
The Deaf Kings: Berlin
Vor Rotterdam: Brandenburg
On Our Own: Bremen
Darcy’s Fault: Hessen
Animal’s Secret: Mecklenburg-Vorpommern
Feathers and Greed: Niedersachsen
Mother: Saarland
Heartfield: Nordrhein-Westfalen
Modeste: Rheinland-Pfalz
Emerge: Sachsen
Fin Dawson: Schleswig-Holstein
Me On Monday: Thüringen
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The T.C.H.I.K.: Special Guest

Titelbild: Bernd Zahn

Fotos: Christoph Eisenmenger
Text: Lina Burghausen